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Ein Treffen zu dritt

Berlin, Februar 2012

Letztens verabredete ich mich mit Karl, jemandem den ich vor kurzem kennen gelernt hatte, ich freute mich auf ihn und das Treffen. Neue Menschen bedeuten für mich immer die Chance, neue Lebenswelten zu entdecken. Voller Erwartung und Neugier brach ich also auf.

Unverhofft brachte Karl noch jemanden mit. Da ich für neue Begegnungen offen bin, war das ein schöner Zufall, obwohl ich wusste, dass Dreierkonstellationen kompliziert sein können. Seinen Freund hatte ich auch schon mal irgendwo gesehen. Das Treffen nahm durch ihn aber auch einen anderen Verlauf, als gedacht. Ich habe ganz oft das Wort selbst ergriffen, so dass wir Gesprächsthemen hatten. Sein Freund befand sich komischerweise die meiste Zeit unter dem Tisch und statt zu sprechen, brummte er immer eher. Ich weiß nicht, was er da unten suchte. Auf jeden Fall konnten beide gut zu hören. Heutzutage ist das ja auch selten geworden. Nach einer Stunde mussten sie dringend los und ich schlenderte nach Hause.

Später fragte mich meine Mitbewohnerin nach den Details des Treffens. Ich erzählte ihr von Karl. Da er während des Treffens sehr oft scheinbar verlegen auf seinen Schoß geschaut hatte, interpretierten wir, dass er eher der introvertierte Typ ist. Er erzählte wenig, aber reagierte körpersprachlich auf meine Geschichten. Gern würde ich mich noch mal länger zu zweit mit ihm treffen, denn so hab ich mehr über sein Äußeres, als sein Inneres erfahren. Er hatte sanft gelockte längere dunkle Haare, die sein Gesicht weich umrahmten, einen gleichmäßig gewachsenen und gepflegten 3-Tage- Bart und ein paar Sommersprossen, wenn ich das richtig gesehen habe. Seine Augen waren vermutlich dunkel, er trug ein helles T-Shirt und behielt seine Arme die ganze Zeit unter dem Tisch. Aufdringlich war er also wirklich nicht, was ich auch schon mal sehr sympathisch fand und meine Mitbewohnerin auch. Sein Gesicht habe ich gar nicht so richtig gesehen.

Sein Freund hatte ihn unterm Tisch befindlich oft abgelenkt. Er brauchte Karl pausenlos und vereinnahmte ihn sehr. Dauernd brummte er irgendwas, was Karl dann machen sollte und machte. Irgendwie war es eine Art Liebe zwischen den beiden. Karl beobachtete ihn die ganze Zeit. Sein Freund war sein Smartphone, dass ihn auf seinem Schoß liegend nicht aufschauen ließ. Schließlich war sein Leben mit Telefonnummern, Terminen, Fotos, Internet, Wecker, Uhr, SMS, Skype usw. komplett in dieser Plastikhülle vereint. Er hatte es in das Smartphone integriert, statt das Smartphone in sein Leben. Würde es verloren gehen, wäre er verloren, sein Leben. Kein Wunder, dass er es nicht aus den Augen lassen konnte.

Iotta

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